Wo junge Unternehmer neue Geschäfte wittern, zeigt der älteste Ideencontest Österreichs: Bei der bereits 19. Ausgabe der „Start-up Idea Competition“ bietet der Science Park Graz schon traditionell den verheißungsvollsten Ideen des Landes die Bühne. Diesmal überzeugten unter anderem ein innovatives Energiemonitoring für kritische Infrastrukturen, ein Risiko-Kalkulations-Werkzeug sowie ein System, um Elektroschrott im Weltall zu reduzieren.
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GRAZ. Ideencontest, Startrampe ins Unternehmertum – und verlässliches Trendbarometer: Was heute den Markt prägt, zeichnet sich beim Innovations-Wettbewerb des Science Park Graz oft schön frühzeitig ab. Mittlerweile längst in der Breite angekommene Trends wie digitale Plattformen, Green-Tech-Innovationen oder sozialunternehmerische Geschäftsmodelle fanden hier ihre erste Bühne in der heimischen Gründerszene. „Der Wettbewerb dient nicht nur als Bühne für junge Unternehmerinnen und Unternehmer, sondern auch als verlässlicher Indikator für relevante Trends in Wirtschaft und Gesellschaft. Die „Start-up Idea Competition“ des Science Park Graz ist damit längst zum Seismograf der heimischen Start-up-Szene avanciert. Was morgen Märkte transformiert, lässt sich hier oft in einem sehr frühen Stadium erkennen – in Form erster Prototypen, Geschäftsideen und technologischer Ansätze“, erklärt Science Park Graz-Geschäftsführer Martin Mössler.
In der diesjährigen 19. Ausgabe zeichnet sich für den Organisator ein klarer Trend ab: „Start-ups denken heute nicht mehr nur in Produkten oder Services – sie denken in Systemen und Infrastrukturen. Sie identifizieren die neuralgischen Punkte unserer Gesellschaft – ob in der Energieversorgung, im Gesundheitswesen oder in der Erdbeobachtung – und setzen dort an, wo echte Wirkung möglich ist.“
Ein Großteil der erstmals über 200 Einreichungen würde diese Entwicklung abbilden, betont der Science Park Graz-Geschäftsführer. Zentrales Thema ist – so wie in den vergangenen Jahren auch diesmal – Nachhaltigkeit geblieben: „Von wiederverwendbaren Sensorsystemen in der Stratosphäre über nachhaltige Tenside bis hin zu KI-gestützter Logistik: Unsere Gewinner denken groß, handeln verantwortungsvoll – und zeigen, wie technologischer Fortschritt mit ökologischer und gesellschaftlicher Wirkung zusammenspielt“, so Mössler.
Energie und Umwelt: Monitoring für Netzinfrastruktur
Die Start-up-Idee von Lisa Strasser und Vlad Dumitru, Sieger in der Kategorie Energie und Umwelt, vereint diese Entwicklungen: „Nanovibes“ überwacht Energieleitungen – etwa Stromtrassen oder Fernwärmenetze – rund um die Uhr und in Echtzeit. Möglich wird das durch faseroptische Messverfahren, die selbst kleinste Vibrationen, Temperaturschwankungen oder akustische Signale entlang der Leitung präzise erfassen. So können Beschädigungen, Manipulationen oder Leckagen frühzeitig erkannt und lokalisiert werden, bevor größere Ausfälle oder Sicherheitsprobleme entstehen. „Gleichzeitig liefern unsere Daten eine wertvolle Grundlage, um die Performance bestehender Netze zu optimieren und neue Energieflüsse intelligenter zu steuern“, erklären die beiden TU Graz-Absolventen Strasser und Dumitro.
Weltraum: Gezielter Abstieg von Wetterballons
An der Schnittstelle von Ökologie und Infrastruktur engagieren sich auch Lukas Reinisch und Georg Kurzmann, Sieger in der Kategorie Weltraum. Das Duo der TU Graz hat ein intelligentes Rückholsystem für Wetterballons entwickelt: „Wetterballons liefern wertvolle meteorologische Daten, doch die eingesetzten Sensoren und Elektronikmodule gehen nach der Landung oft verloren“, sagt Kurzmann. Reinisch ergänzt: „Unser System ändert das, in dem der Abstiegsprozess gezielt gesteuert und so die Rückholung der Komponenten ermöglicht wird. Damit sparen Wetterdienste nicht nur Kosten, sondern leisten auch einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz – durch weniger Abfall und eine längere Nutzung hochwertiger Technik.
Gesundheit: CO2-reduzierte Tenside
In der Kategorie „Gesundheit“ hat sich Markus Hochegger-Krawanja mit „PureSurf“ durchgesetzt: Der an der Universität Graz promovierte Chemiker macht Tenside – also Stoffe, die in Shampoos, Zahnpasta und Duschgels zum Einsatz kommen – umweltfreundlicher. Statt Erdöl und tropischen Pflanzenölen wie Palmöl nutzt das Team Nebenprodukte aus der Papier-, Lebensmittel- und Landwirtschaft. Mit einer eigens entwickelten Technologie werden daraus über 70 verschiedene Tenside hergestellt –und bereits in größeren Mengen produzierbar. „Unsere selbst hergestellten Tenside sind bis zu 100-mal wirksamer als herkömmliche petrochemische Produkte und können bis zu 90 % CO₂ einsparen“, erklärt Hochegger-Krawanja. Dafür „PureSurf“ von der Jury zusätzlich mit dem Spezialpreis als Idee mit „besonders positiven Klimaauswirkungen“ ausgezeichnet.
Digital Economy & ICT: Wenn Risiken einen Preis bekommen
Das Start-up RiskOpex gewinnt die Kategorie „Digital Economy & ICT“: Das Jungunternehmen setzt bei Risikobewertungen an, wie Gründer Johannes Chudoba, Absolvent der Universität Graz und der US-Eliteuniversität Princeton, erzählt: „Eine interne Umfrage hat gezeigt, dass 97 Prozent der Entscheidungsträger sich schwer damit tun, Risikoentscheidungen in konkreten Geldwerten auszudrücken. Die Folge sind häufig intuitive, politisch motivierte oder rein erfahrungsbasierte Entscheidungen – statt transparenter Kosten-Nutzen-Abwägungen.“ Das wollen der Grazer und sein Team ändern: „Unser Ziel ist es, Risiko greifbar zu machen – nicht nur qualitativ, sondern finanziell messbar“, sagt der Ideengeber. Die Plattform des Unternehmens ermöglicht erstmals, verschiedene Risikobehandlungsoptionen – etwa Versicherungen, technische Schutzmaßnahmen oder organisatorische Veränderungen – in Beträgen zu bewerten. „Dabei steht nicht nur die potenzielle Schadenshöhe im Fokus, sondern auch die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Maßnahmen“, so Chudoba.
Mobilität: Intelligente Ladepläne für Lkws
Das internationale Team von Palletrix sicherte sich Platz eins in der „Mobilität“: Das rund um den Globus verteilte Start-up optimiert die Beladung von Paletten und Lkws mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Augmented Reality. „Die Lösung erstellt intelligente Ladepläne und liefert visuelle Echtzeit-Anleitungen, um Lagerprozesse zu beschleunigen, Transportkosten zu senken und die Logistik effizienter zu gestalten“, erklärt der peruanische Gründer Yhair Sifuentes Montalvo.
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Über den Ideenwettbewerb
Der Science Park Graz veranstaltete die „Start-up Idea Competition“ in der bereits 19. Auflage. Insgesamt wurden 12.000 Euro an die Sieger in den sechs unterschiedlichen Kategorien ausgeschüttet (Energie & Umwelt, Mobilität, Gesundheit, Digital Economy & ICT, Raumfahrt).
Zu den Jurymitgliedern zählten in diesem Jahr: